Gegenreformation

 

Hugenotten, Teil 2, Rekatholisierung

Die Reformation hat sich rasend schnell verbreitet. Gegen 1580 waren zum Beispiel in Östereich fast alle landesfürstlichen Städte evangelisch. Die katholische Kirche regierte bereits kurz nach dem Thesenanschlag von Martin Luther, welcher die Reformation zur Erneuerung der Kirchenverfassung einläutete. Diese Reaktion, die Gegenreformation reichte bis ins 18. Jahrhundert hinein. 

Die katholische Kirche sah nicht nur in der Reformation, sondern in der gesamten Geisteshaltung eine Gefahr für ihren Bestand. Mit Diplomatie, Missionierung sowie der Zuhilfenahme staatlicher Repressionen versuchte man entgegen zu wirken. Der Jesuitenordens wird durch den Spanier Ignatious von Loyala im Jahr 1535 ins Leben gerufen. Am Konzil von Trient 1545 wurde die Notwendigkeit, auf die Forderungen und Lehren der Reformation zu reagieren diskutiert. 

 

 

Sitzung des Konzils von Trient um 1563

 

Papst Paul III. versuchte 1542 mit einer Bulle dem Protestantismus mit dem im Mittelalter teilweise recht erfolgreichen Instrument der Inquisition entgegen zu treten. Die Inquisition war ein juristisches Prozessverfahren zur Bekämpfung von Aussagen oder Lehren, die im Widerspruch zu kirchlich-religiösen Glaubensgrundsätzen standen. Die Einrichtung dieser kirchlichen Behörde wurde bereits 1184 von Papst Lucius III. und Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) beschlossen. Dominikaner und Franziskaner spürten ab dem 13. Jahrhundert abtrünnige Christen auf. Ab 1254 wird die Folter eingesetzt, um Geständnisse zu erzwingen. 

 

 

 

Die römisch-katholische Kirche versuchte den wachsenden Protestantismus gewaltsam zurückzudrängen. Staatliche Repressionen, Propaganda und die Disziplinierung Abtrünniger machten diese Reaktion der Kirche aus. Aber nicht ausschliesslich. Ein weitreichendes Kunst- und Bildungsangebot und populäre neue Andachtsformen erreichten fast jeden Winkel in Stadt und Land. 

Die Rekatholisierung führte im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren zum Dreißigjährigen Krieg. Angeblich wollte sich die katholische Kirche vor der Macht der Protestanten schützen. Der Krieg begann im überwiegend protestantischen Böhmen, in dem sich ein Adelsbund gegen die habsburgischen Landesherren und deren Versuche einer gewaltsamen Rekatholisierung zur Wehr setzte. Frankreich unter Kardinal Richelieu schaltete sich offen in den Kampf gegen die Übermacht Habsburg ein. Der Krieg der Franzosen, Schweden und ihrer deutschen Verbündeten (1635–1648) gegen den Kaiser und seine Verbündeten endete für diese mit einer Niederlage. Nach Schätzungen schrumpfte die Bevölkerung in Deutschland von 16,5 Millionen im Jahr 1618 auf 10,5 Millionen im Jahr 1648. Die Landbevölkerung ging um ca. 40 Prozent, die städtische Bevölkerung um ca. 25 Prozent zurück. Die meisten Menschen erlitten den Tod nicht durch unmittelbare Waffengewalt, sondern durch nur mittelbar vom Kriegsgeschehen beeinflusste Ereignisse. Krankheiten und Seuchen verbreiteten sich in den überbevölkerten Städten rasch. Dazu kamen noch Tod durch Hunger und Kälte, meist in den ländlichen Regionen.

 

Frankreich

Nach 1519 wurden Luthers Schriften auch in Frankreich bekannt und bereits zwei Jahre später von der theologischen Fakultät Sorbonne in Paris und dem Obersten Gerichtshof verurteilt. Die bedeutende theologische Universität sah sich als Hüterin der lateinischen Orthodoxie und hielt die Satzungen des päpstlichen Stuhls aufrecht. Die Sorbonne bestimmte, dass die griechische Sprache nicht gelehrt werden dürfe. Wer aber gar die hebräische Sprache lernen wollte, um die Bibel in der Ursprache zu lesen, wurde Kandidat für den Feuertod. Bereits 1523 wurde der erste evangelische Märtyrer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Dies war der Auftakt einer zunehmend schärferen Verfolgung. Das wiederum löste die ersten Fluchtbewegungen nach Deutschland und in die Schweizer Eidgenossenschaft aus.

Immerhin, trotz Scheiterhaufen und Beschlagnahme der Güter: solange Franz I. noch genug stark war, um die Grenzen seines Reichs zu sichern, wurde die Sorbonne in gewissen Schranken gehalten. Doch, besiegt von den Spaniern, an das er seine Kinder als Geiseln ausliefern musste, ohne Kredit im Land, umlauert von den Vasallen, die sich mit der feindlichen Macht zu seinem Sturz verbündet hatten, durfte er nicht wagen, auch noch den Papst gegen sich aufzubringen.

 

Die Hugenotten waren in Frankreich stets nur eine kleine religiöse Minderheit. Durch den Anschluss von Teilen des Nieder- und Hochadels erhielten sie jedoch politisches, später auch militärisches Gewicht. Als Gegenstück zur einflussreichen katholischen Hofpartei (später Katholische Liga) unter Führung der Familie von Guise bildete sich eine reformierte Partei unter Führung des bourbonischen Prinzen Ludwig von Condé und des Admirals Gaspard de Coligny, die um Macht und Einfluss auf das Königshaus kämpfte.

Seit den 1540er-Jahren hatte sich die Verfolgung der Hugenotten radikalisiert. König Heinrich II. richtete 1547 einen Sondergerichtshof ein (chambre ardente, Scheiterhaufenkammer). In den Edikten von Châteaubriand (1551) und Compiègne (1557) verschärfte er die Strafen für die "Ketzer". Bei einem Turnier, und dem dritten Kampf gegen den Grafen von Montgomery, brach sich am Visier des Königs die Lanze des Gegners und die Splitter fuhren ihm ins Gehirn. 

Frankreich war zu einem Pulverfass geworden. Internationale, persönliche, nationale, politische und religiöse Interessen und Konflikte verursachten seit 1559 eine permanente Staatskrise. Europa selbst war auch im Wandel. Die Ausbreitung des reformierten Glaubens nötigte alle Staaten, sich mit der Religionsfrage auseinanderzusetzen. Die Ausbreitung des Protestantismus und die innenpolitischen Konflikte führten zu einer Krise des Königshauses und zur Erschütterung der Monarchie. Schon früh erkannten die französischen Könige die Bedrohung, die von den Reformierten ausging.

Der Sohn Heinrichs II., Franz II. war schwach und von seiner Mutter, Katharina von Medici, völlig abhängig. Er heiratete Maria Stuart, Königin der Schotten. Maria Stuart war die katholische Anwärterin auf den englischen Thron. Franz II. hatte seinen Onkeln, Herzog Franz von Guise und dem Kardinal von Guise die Leitung des Königreichs überlassen und leitete damit die Gegenreformation ein. Nach einjähriger Regierungszeit starb Franz II. starb er an den Folgen einer Ohreninfektion. Maria Stuart zog nach Schottland zurück, wurde Königin von Schottland und unterstützte dort den Geist der Gegenreformation.

1560 wollen adlige Protestanten den jungen König Franz II. entführen, um ihn dem Einfluss der Guisen zu entziehen. Doch die sogenannte Verschwörung von Amboise schlug fehl. Die Guisen rächten sich durch zahlreiche Hinrichtungen, die Protestanten lehnen sich auf und bemächtigen sich katholischer Kirchen. Auf beiden Seiten nimmt die Gewalt zu.

 

 

 

 

 

Die Verschwörung von Amboise 1560; von Franz Hogenberg

 

 

Katharina von Medici übernahm Ende des Jahres 1560 die Regentschaft für ihren minderjährigen Sohn Karl IX. Sie wollte der politischen Macht der Guise Einhalt gebieten, die unter Franz II. die französische Politik dominierten. Sie bemühte sich in Frankreich um eine Aussöhnung der Parteien. Deshalb machte sie, obwohl selbst katholisch, den Hugenotten im Edikt von St.Germain Zugeständnisse. Die hugenottische Verfolgung wurde eingestellt und den Hugenotten wurden gewisse Freiheiten zugestanden. Ein Massaker an Hugenotten unter Führung der Guise im Jahr 1562 brach den fragilen Frieden. Es bildete den Auftakt zu den langjährigen Religionskriegen, die auf beiden Seiten grausam geführt wurden.

 

Das Blutbad von Wassy. Kolorierter Kupferstich von Franz Hogenberg.

 

 

 

Bei den französischen Religionskriegen handelt es sich um keinen fortwährenden Krieg, sondern um immer wieder aufflammende Kämpfe und kleinere Feldzüge (1562/63, 1567/68, 1569/70, 1572, 1572/73, 1574–76, 1577, 1579/80, 1585–98). Zahlreiche Friedensedikte wurden erlassen und wieder gebrochen. Zugeständnisse an die Hugenotten trafen stets auf erbitterten Widerstand der Katholischen Liga. Blutiger Höhepunkt der Auseinandersetzungen war die Bartholomäus-Nacht am 24. August 1572. Zur Hochzeit des Hugenotten Heinrich von Navarra (später Heinrich IV.) mit der Schwester des Königs waren zahlreiche hugenottische Adelige nach Paris gekommen. Während der Nacht wurde ein Grossteil der hugenottischen Führung – darunter Admiral Coligny – ermordet. Dem folgenden Massaker fielen tausende Hugenotten zum Opfer. 

Im letzten der Hugenottenkriege (1585–98) spitzte sich die Lage zu. Nachdem die Katholische Liga zunehmend gewalttätig geworden war und die Sicherheit der Monarchie bedrohte, liess König Karls Nachfolger Heinrich III. deren Anführer – Herzog Heinrich von Guise und seinen Bruder Ludwig – ermorden. Nur ein Jahr später fiel Heinrich III. seinerseits einem Mordkomplott der Liga zum Opfer. Mit dem Tod dieses Königs wurde der reformierte Heinrich von Navarra legitimer Thronerbe. Er bekämpfte zunächst die Katholische Liga, konvertierte jedoch zur Wiederherstellung des Landesfriedens zum katholischen Glauben und kam 1594 als Heinrich IV. auf den Thron. 1598 erliess er das Toleranzedikt von Nantes und beendete damit für einige Jahrzehnte die Religionskriege. Die günstigen Bedingungen des Ediktes machte viele Hugenotten in der Folge zu überzeugten Anhängern des Königs und einer starken Monarchie, welche ihnen die Einhaltung der Bestimmungen garantieren konnte. Die französische Bevölkerung war den Hugenotten jedoch zu einem Grossteil feindlich gesinnt. 

In den 1620er-Jahren kam es zum erneuten Ausbruch der Religionskriege, der von der katholischen Kirche unterstützt wurde. Gleichzeitig waren die Hugenotten in sich gespalten und besassen kaum herausragende Führer. 1624 wurde der Hugenottengegner Kardinal Richelieu Erster Minister von König Ludwig XIII. und bestimmte die Regierungsgeschäfte fortan massgeblich mit. Er verschärfte das Vorgehen gegen die Hugenotten. Die Hugenottenhochburg La Rochelle wurde belagert und musste sich nach grössten Verlusten 1628 ergeben. Um 1630 hatten die Hugenotten alle politischen und militärischen Rechte aus dem Edikt von Nantes und alle ihre befestigten Sicherheitsplätze verloren. In der Folge wurden ihre Rechte zunehmend weiter beschnitten. Die Abhaltung von Synoden musste nun genehmigt und von königlichen Vertretern beaufsichtigt werden. Austausch zwischen den Kirchgemeinden ausserhalb der Synoden war verboten. Das Wanderpredigen wurde untersagt. Der Zugang zu öffentlichen Ämtern wurde den Hugenotten erschwert. Unter Sonnenkönig Ludwig XIV. nahmen Repression und Diskriminierung stetig zu. Er wollte sein Volk unter einem Glauben vereinigen. Zahlreiche Verordnungen gegen die Hugenotten wurden erlassen, darunter das Verbot von Nationalsynoden, Aufenthaltsbeschränkungen und die Aufhebung der religiös ausgewogen besetzten Gerichtshöfe. Zahlreiche Hugenotten verloren ihre öffentlichen Ämter und es wurden hugenottische Kirchen zerstört. Ab 1679 kam es zur offenen Verfolgung. Die Hugenotten wurden zu Feinden der wahren Religion erklärt. Sie erhielten Berufsverbote, religiöse Mischehen wurden untersagt, die Kirchenvorstände überwacht. Prediger mussten ihre Stelle regelmässig wechseln, hugenottischen Eltern wurden ihre Kinder weggenommen. 1681 begannen die Dragonaden. Königliche Dragoner reisten umher und bekehrten die Hugenotten mit Gewalt. Plünderungen, Morde und Misshandlungen waren an der Tagesordnung. Adelige Hugenotten wurden in den Kerker geworfen.

 

Am 18. Oktober 1685 erliess König Ludwig XIV. das Edikt von Fontainebleau. Darin hob er das "ewige" Toleranzedikt von Nantes sowie alle folgenden zugunsten der Hugenotten erlassenen Gesetze in ganz Frankreich auf. Angeblich gab es im Land nun keine Hugenotten mehr und dadurch sei das alte Edikt unnötig geworden.
Mit dem neuen Edikt wurde der hugenottische Glaube zwar nicht verboten, jedoch seine Ausübung in jeglicher Form untersagt. Alle hugenottischen Pastoren mussten innerhalb von zwei Wochen das Land verlassen. Hugenottische Kirchen wurden zerstört und hugenottische Schulen geschlossen. Kinder mussten katholisch getauft und erzogen werden. Zudem galt für die Hugenotten ein Auswanderungsverbot sowie ein Ausfuhrverbot für Geld und Besitz. Offenbar befürchtete der König durch die Flucht der Hugenotten einen finanziellen und wirtschaftlichen Aderlass. Mit der sehr bald eintretenden Massenflucht, die zahlreiche wohlhabende Hugenotten und gut ausgebildete Fachkräfte einschloss, wurde dieser Wirklichkeit. Seit dem 16. Jahrhundert hatte es infolge der Repressalien in Frankreich immer wieder kleinere Fluchtbewegungen der Hugenotten gegeben. Die Massenflucht um 1685 aus Anlass des Edikts von Fontainebleau und der damit verbundenen massiven Verfolgung übertraf in ihrem Ausmass jedoch alles Vorangegangene. Fontainebleau 1685 bildete den Höhepunkt der Unterdrückung der Hugenotten und schrieb ihre minderwertige Stellung gesetzlich fest.

 

 
 
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Der katholische Glaube besiegt 
die protestantischen Häresien
 
Johann Michael Rottmayr, 1729, 
Wiener Karlskirche, Kuppelfresko, Ausschnitt
 
 
 
 

 

 

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