Hugenotten, Teil 6, Edikt von Nantes
Mit der Aufklärung setzte sich auch die Idee der religiösen Toleranz durch, doch dauerte es, bis sie in die Praxis umgesetzt wurde.
Ein Edikt ist eine Anordnung, die insbesondere ein Kaiser, König oder Fürst erlässt. Ein Toleranzedikt ist eine entsprechende Anordnung, ein regierungsamtlicher Erlass, der religiösen Minderheiten die Duldung zusichert. Oftmals waren Toleranzedikte in der Geschichte von kurzer Dauer und wurden mit der Zeit offiziell oder schleichend ausser Kraft gesetzt.
Im Jahr 313 traf Konstantin die auch "Toleranzedikt von Mailand" genannte Vereinbarung, mit der Christen, Juden und Heiden in beiden Teilen des römischen Reichs erlaubt wurde, die von ihnen gewählte Religion frei auszuüben.
https://www.bpb.de/themen/zeit-kulturgeschichte/geteilte-geschichte/339….
Im katholischen Frankreich gewährte das Edikt von Nantes von 1598 den calvinistischen Protestanten religiöse Toleranz und volle Bürgerrechte, fixierte andererseits aber den Katholizismus als Staatsreligion. Damit setzte es vorübergehend einen Schlusspunkt hinter das Zeitalter der Religionskriege zwischen Hugenotten, Katholiken und dem Königtum.
Heinrich IV. unterzeichnete als König von Frankreich das Edikt am 13. April 1598 in Nantes
Henri IV. konvertierte vom Protestantismus zum Katholizismus. Nach seinem Sieg über die ihn bekämpfende Katholische Liga versuchte er das Land zu befrieden und unterzeichnete das Edikt am 13. April 1598 in Nantes. Es gewährte den Calvinisten Gewissensfreiheit und die freie Religionsausübung in der Öffentlichkeit, ausgenommen in Paris und Umgebung sowie in Städten mit Bischofssitz oder königlichen Schlössern.
Henri IV. de France dargestellt von Franx Pourbus le Jeune
Das Edikt von Nantes wurde am 30. April 1598 nach zweijährigen Verhandlungen zwischen königlichen Vertretern und hugenottischen Abgeordneten unterzeichnet. Es sollte "ewig und unwiderruflich" gelten. Den Hugenotten wurden darin relativ weitgehende Zugeständnisse gemacht, teilweise erhielten sie sogar einen Sonderstatus. Das Edikt garantierte den Hugenotten uneingeschränkte Gewissensfreiheit und eine örtlich beschränkte Glaubensausübung. Die Errichtung reformierter Kirchen und Friedhöfe sowie Schulen wurde ebenso erlaubt wie die Abhaltung von Synoden in beschränktem Rahmen. Für die Behandlung von Streitfällen wurden konfessionell ausgewogene Gerichtshöfe gebildet. Die Hugenotten erhielten Zugang zu allen öffentlichen Ämtern und Einrichtungen. Sie mussten katholische Ehegesetze und Feiertage beachten und waren der katholischen Kirche zehntpflichtig. Die Zwangskonversion von Hugenotten wurde untersagt. Alle hugenottischen Glaubensgefangenen und Galeerensträflinge sollten freigelassen werden. Zudem erhielten die Hugenotten 150 befestigte Sicherheitsplätze zugesprochen. Versammlungen von Hugenotten waren allerdings nur unter königlicher Aufsicht erlaubt.
siehe auch txt. Heinrich von Navarra, https://www.pietro.li/eine-verhaengnisvolle-nacht
Das Edikt wurde von katholischen Geistlichen, den Mitgliedern des Parlaments und vor allem von Papst Clemens VIII. (1536-1605) vehement abgelehnt und bekämpft und dies über Jahrzehnte. Nicht zuletzt sahen sie in dem Edikt eine Gefährdung des königlichen Absolutismus und des Fortbestands des französischen Staats.
Am 18. Oktober 1685 widerrief König Ludwig XIV. das Edikt von Nantes im Edikt von Fontainebleau. Damit wurden die französischen Protestanten aller religiösen und bürgerlichen Rechte beraubt.
Die Gesetzgebung des Edikt von Fonainebleau wurde von Ludwig XV. in der Deklaration von 1724 erneuert, jedoch mit weniger Strenge durchgeführt. In der Praxis wurden Härte der Strafen und Auflagen gemildert. Die Bereitschaft zur Toleranz wurde durch den siebenjährigen Krieg (1756-1763) begünstigt, da eine beträchtliche Anzahl von Truppen im Ausland benötigt wurde und dadurch nicht im Inland gegen die Protestanten eingesetzt werden konnte. Auch durch die Philosophie der Aufklärung hatte sich der Anreiz zu grösserer Toleranz ergeben. Die Regierungsform, welche sich durch Kompromisse charakterisiert, wird vom Historiker Daniel Roche als "aufgeklärter Absolutismus" bezeichnet. Dennoch blieb die Unsicherheit mehr oder weniger allgemein bestehen. Die Auflagen wurden weiterhin aufrechterhalten. Oft waren die Protestanten von der Gunst der örtlichen Autoritäten abhängig. Sie standen jederzeit unter Androhung von Schikanen, Strafen und Festnahmen.
In der Regierungszeit Ludwigs XV. wurden noch 200 Hugenotten zur Galeere verurteilt. Am 18. Februar 1762 starb der in Toulouse zum Galgen verurteilte Pastor François Rochette durch den Strang. Er war der letzte zum Tode verurteilte Pastor. Die Brüder Grenier, drei adlige Glasbläser wurden enthauptet, weil sie versucht hatten, François Rochette zu befreien. Jean Calas wurde verurteilt und am 10. März 1762 zu Unrecht lebendig aufs Rad geflochten, weil man ihn des Mordes an seinem Sohn bezichtigte, dessen Übertritt zum Katholizismus er angeblich dadurch habe verhindern wollen. Die Affäre Calas hatte dennoch eine heilsame Auswirkung. Ein publizistischer Feldzug durch Voltaire führte zur Revision des Prozesses und zur Anerkennung von Calas Unschuld (1765). Die letzten drei Gefangenen des Tour de Constance wurden im Januar 1769 befreit. 1775 wurden die letzten Glaubenssträflinge dank des Einsatzes von Court de Gébelin, dem Generalabgeordneten der Reformierten Kirchen, freigelassen.
Erst im Toleranzedikt von 1787 gewährt Louis XVI. den Protestanten einen eigenen, von der katholischen Kirche unabhängigen Zivilstand sowie das Existenzrecht in Frankreich. Sie erhielten aber weder Kultfreiheit noch Zugang zu Ämtern.
Im Verlauf der Französischen Revolution erhielten die Protestanten die freie Aufnahme in alle zivilen und militärischen Berufe (Verfassungsakt vom 24. Dezember 1789).
Die Glaubens- und Gewissensfreiheit aller Franzosen wird in der « Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte » (26. August 1789) festgeschrieben und das Recht auf öffentliche Kultausübung aller in Frankreich existierenden Glaubensgemeinschaften wird in der Verfassung vom 3. September 1791 verankert.
Was sagt die Bibel zum Thema?
Menschen sind tolerant, wenn sie andere Meinungen gelten lassen. Sie dulden, dass andere Menschen anders leben, eine andere Religion als man selbst haben, anders kochen, andere Musik hören. Die Achtung von unterschiedlichen Meinungen ist wichtig in einer Demokratie.
Als Jesus Christus auf der Erde war, herrschte ein Klima der Intoleranz: Juden und Samariter hassten sich, Frauen wurden wie Menschen zweiter Klasse behandelt und die Geistlichen der Juden verachteten das einfache Volk (Johannes 4,9; 7,49). Jesus dagegen war ganz anders. Seine Gegner sagten über ihn: „Die Pharisäer und Schriftgelehrten ärgerten sich und schimpften: »Mit welchem Gesindel gibt der sich da ab! Er isst sogar mit ihnen!«“ (Lukas 15,2). Jesus war wirklich freundlich, geduldig und tolerant. Er wollte die Menschen nicht verurteilen, sondern Gott näherbringen. Und motiviert hat ihn vor allem eins: Liebe (Johannes 3,17; 13,34). Liebe ist der Schlüssel zu mehr Toleranz. Durch Liebe sind wir offen für andere — trotz ihrer Fehler und Eigenheiten. Die Bibel fordert uns in Kolosser 3,13+14 auf: „Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn jemand euch Unrecht getan hat. Denn auch Christus hat euch vergeben. Wichtiger als alles andere ist die Liebe. Wenn ihr sie habt, wird euch nichts fehlen. Sie ist das Band, das euch verbindet.“
Jesus gab uns ein Beispiel für Toleranz, aber er akzeptierte weder mangelnden Anstand noch Heuchelei oder anderes Fehlverhalten. Im Gegenteil: Er stellte sich deutlich dagegen (Matthäus 23:13).
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