Vom Geist der Isebel

 
 

Im Internet gibt es massenweise Artikel zum Thema "Geist der Isebel". Von Geistern und Dämonen zu reden ist populär geworden. Sie werden uns vor Augen geführt in Filmen und Computerspielen. Alle können sich darunter irgendetwas vorstellen. Auch in christlichen Kreisen ist das Thema populär geworden.

 

So schreibt z.B. Jennifer LeClaire in ihrem Buch "Isebels Marionetten":

"Viele Christen sind zwar mit dem biblischen Charakter von Isebel vertraut, kennen aber den gleichnamigen dämonischen Geist nicht, der heute noch Verwirrung und Zerstörung verursacht. Der Isebel-Geist charakterisiert jeden, der in der gleichen Weise handelt, wie Isebel es tat, indem er Unmoral, Götzendienst und falsche Lehre verbreitet und Sünde rechtfertigt. Seine Manifestationen sind hinterhältig und destruktiv, und rücksichtslos wird er alles versuchen, um seine Ziele zu erreichen. Während die meisten auf den Kampf gegen Isebel fokussiert sind, übersehen sie dabei ihre dämonischen Partner. Der Geist von Isebel kann seine bösen Intrigen nicht ohne die Geister von Ahab, den falschen Propheten und den Eunuchen ausführen. Doch wer sind diese dämonischen Diener, wie erkennst du sie und wie gehst du mit ihnen um?"

 

In diesem Buch wird ein Geist, ein Dämon dargestellt, mit eigener Macht und Persönlichkeit. Es ist so einfach Dinge bösen Geistern zuzuschreiben. Da ist man selber fein raus. Die Schuld liegt wo anders und so muss man sich nicht mit sich selber auseinander setzen. 

Die Isebel im Neuen Testament

Von einer Isebel wird auch im Neuen Testament gesprochen, und zwar ganz am Ende in der Offenbarung des Johannes und dort in den sogenannten Sendschreiben. Es geht da um die Gemeinde in Thyatira. Von dieser Gemeinde hört man viel Positives: von guten Taten, von Liebe und Glaubenstreue und Standhaftigkeit. Da kann man zufrieden und glücklich sein. Jesus sagt: ich sehe Deinen Glauben und ich finde Deine Liebe super. Auch deine Gunst ist der Hammer. Und ich sehe, wie Du in allem Fortschritte machst. Alles ist da, was wir uns wünschen. 

Doch dann folgt ein kritischer Aspekt:

 

Offenbarung 2,20+21

"Ihr duldet diese Isebel, die sich als Prophetin ausgibt. Mit ihrer Lehre verführt sie meine Diener und Dienerinnen, Unzucht zu treiben und Fleisch von Tieren zu essen, die als Götzenopfer geschlachtet worden sind. Ich habe ihr Zeit gelassen, sich zu ändern; aber sie will ihr zuchtloses Leben nicht aufgeben."

Das hier ist der Text, von dem ausgegangen wird, bei Aussagen zum "Geist der Isebel". Man erkennt schnell, dass der Begriff "Geist" nicht vorkommt. Es steht hier das griechische Wort gyné, das Frau bedeutet. Der Begriff Gynäkologie ist von gyné abgeleitet. Es ist in keiner Weise von einem Geist die Rede. Ein "Geist der Isebel" kommt in der Bibel gar nicht vor. Es wird von einer Frau mit Namen Isebel gesprochen. Isebel ist hier sicher ein symbolischer Name. Das heisst, dass die Frau von der hier geredet wird, nicht wirklich Isebel geheissen hat. Die Benennung spielt auf eine andere allen bekannten Frau mit Namen Isebel an: Isebel, die Frau Ahabs. 

Wichtig: Es geht hier nicht um das Thema Frau und schon gar nicht darum Frauen herunter zu machen und zu verunglimpflichen, wie das von manchen Auslegern getan wird. Frauen seien Verführerinnen zu sexueller Unzucht und hätten nichts auf der Kanzel zu suchen. Dass solche Auslegung falsch ist, wird deutlich darin, dass im selben Zusammenhang der Gemeinde in Pergamon (Offenbarung 2,12-17) von Jesus der gleiche Tatbestand vorgeworfen wird, wie der Gemeinde Thyatira. Hier aber wird ein Bileam benannt, also ein Mann. Es geht bei beiden um Verführung zum Götzendienst und Sexorgien. In Pergamon dagegen standen zwei Verkündigungsrichtungen nebeneinander. Bileam vertrat die Eine. In Thyatira scheint man der predigenden Isebel die Gemeindebelehrung überlassen zu haben, während andere sich auf das Feld der praktischen Nachfolge zurückzogen. 

Es sind also nicht Geister, es sind nicht Dämonen, welche Unruhe verbreiten. Es sind Menschen. Menschen wie Du und ich. Wir selber sind es, welche die Gemeinde und damit Gottes Werk gefährden. Das ist sehr schwer anzunehmen. Aber wir kommen nicht darum herum. Wir müssen uns dem stellen.

 

Schaut man genauer hin, fällt eines auf: Das eigentliche Problem liegt darin, dass man die Isebel gewähren lässt. Das ist es, was Jesus der Gemeinde vor Augen hält: "Ihr duldet es". Das ist auch im Alten Testament augenfällig (siehe unten). 

Schlatter: "Die Gemeinde ringt mit Gegnern, die sie von innen zu zerstören suchen, und sie darf darin nicht nur ein Unglück sehen, sondern hat darin eine eigene Schuld zu erkennen."

Aus: "Erläuterungen zum NT, Band III, Adolf Schlatter, Calwer Vereinsbuchhaltung, 1928, Stuttgart

Halbwahrheiten werden erzählt. Es wird gelogen und hintenherum angeklagt. Insbesondere Klatsch und Tratsch sind wie Sauerstoff für das Feuer. Doch niemand macht sich die Mühe, zu überprüfen ob gemachte Aussagen auch wahr sind. Man glaubt blind und hat dabei noch den Eindruck, besonders geistlich und demütig zu sein. Dabei ist es lediglich Menschenfurcht und Nachlässigkeit, Faulheit, welche hindert, das zu tun, was getan werden muss. Darunter leiden müssen dann die Schwächsten. Sie tragen die Folgen. Was Jesus hier der Gemeinde in Thyatira vor Augen hält, gilt für alle. Auch Leiter können nur machen, was andere zulassen. Das Schweigen der Mehrheit ist so oft das eigentliche Problem. Jesus spricht die ganze Gemeinde an. Schlechte Leiter und Leute, die den freien Raum ausnutzen, haben nur so viel Macht, wie man ihnen eingesteht. Es ist unser aller Verantwortung Abhilfe zu schaffen. Das angesprochene Thema muss von der Verantwortung her betrachtet werden. Die schweigende Masse, jede/r einzelne davon, ist mitverantwortlich für das Desaster.

Ja ich weiss, es braucht Mut und viel Energie sich Ungutem entgegen zu stellen. Man exponiert sich und kann zum Buhmann werden. Aber, einfach nur schlucken und hinnehmen ist keine Lösung. Auf diese Weise ändert sich nichts, aber auch gar nichts. 

 

Die Isebel im Alten Testament

Wie oben in Bezug auf die ntl. Erwähnung von Isebel erwähnt, handelt es sich um eine Metapher, welche auf eine atl. reale Person anspielt. Darum macht es Sinn, sich mit Aussagen über Isebel im Alten Testament auseinander zu setzten. Isebel ist die Frau des Königs Ahab. Wir erfahren von ihr in 1. Könige 18+19. Sie war die Tochter eines phönizischen Königs und zwar des Königs Etbaal. Sie war eine Frau mit grosser Tatkraft. Sie war einflussreich und sie war mächtig. Aber sie war auch grausam und hinterhältig. Wie ihr Vater betete sie die damaligen Götzen an und hat sich in keiner Weise dem Gott Israels untergeordnet, sondern hat den Baalsdienst in Israel gefördert.

The Death of Jezebel

James Jacques Joseph Tissot (French, 1836-1902) and followers

Jewish Museum

 

 

 

 

Es wäre falsch, allein über Isebel herzuziehen und quasi alle Schuld ihr zuzuschreiben. Ahab hat es zugelassen. Er hat Isebel die Macht gegeben. Er hat auf sie gehört und hat ihre Intrigen akzeptiert, sie unterstützt und davon selber profitiert. Ahab wollte sich verführen, irreführen lassen. Er war ein Waschlappen, ein Weichei. So wird denn auch in erster Linie Ahab kritisiert (1.Könige 21,19,20+25-26): "Erst mordest du und dann raubst du" ..... "Du hast dich dazu anstiften lassen, zu tun, was dem HERRN missfällt". "In der Tat gab es keinen, der so bereitwillig wie Ahab tat, was dem HERRN missfällt. Seine Frau Isebel hatte ihn dazu verleitet. Seine schlimmste Sünde war, dass er die Götzen verehrte". 

Wir reden hier von schwacher Leiterschaft und auch von hausgemachten Problemen. 

Das Ende von Ahab und Isebel ist schrecklich (1. Könige 21,23-25). Als Ahab das Urteil Gottes über sein Frau Isebel hört, versuchte zwar noch diesen Schrecken abzuwenden mit Fasten, aber Gott zieht ihn zur Rechenschaft. Er und Isebel bezahlten einen hohen Preis. 

 

 

 

Nach dem Tod Ahabs hat Isebel noch etwa 15 Jahre weiter ihre Fäden gesponnen. Einfluss der Isebel geht weit über Ahab hinaus. Ihre Söhne wurden König: Ahassia und dann Joram. In dieser Zeit heiratet Atallia, die Tochter von Ahab und Isebel den Sohn des Königs des Südreiches. 

In einem sehr unklugen Schachzug versuchte der gute König von Juda, König Josaphat, die Spaltung zwischen dem Königreich Israel (dessen König der böse Ahab mit seiner Frau Isebel war) und dem Königreich Juda zu „heilen“ (siehe 2. Chronik 18,1-3). Josaphat verlor dabei beinahe sein Leben (siehe 2. Chronik 18,28-32) und wurde vom Propheten Gottes für seine Taten getadelt (2. Chronik 19,1-3). Aber Josaphat versuchte dennoch, die beiden Königreiche näher zusammenzubringen. Josaphat tat dies, indem er menschliche Beziehungen nutzte, anstatt von Israel zu verlangen, seine Beziehung zu Gott in Ordnung zu bringen. Josaphat ließ seinen Sohn Joram, die Tochter Isabels, Athalja heiraten (siehe: 2. Könige 8,16-18 + 25-27). Dies war im Laufe der Geschichte eine gängige Praxis unter Königreichen. So kommt die Linie Isebels auch in das Südreich. Atallia wird in 2.Chronik 24,7 als die Gottlosigkeit in Person beschrieben. Sie kam dann tatsächlich, als sie Königin wurde, auf den Thron in Jerusalem. 

Insbesondere die Beobachtung, dass falsche und böse Verhaltensweisen lange und nachhaltig wirken, muss zu denken geben. Deutliche Statements und Widerstand schon zu Beginn sind entscheidend. Je länger man wartet, je schwieriger wird es, die Dinge auseinander zu halten. Das "Rad" kann nicht mehr zurückgedreht werden.  

 

Übrigens: Der Isebel im Neuen Testament wird von Jesus Irreführung vorgeworfen. Verführung zum Dienst an falschen Göttern und sexuelle Masslosigkeit. Es geht nicht um all die anderen negativen Seiten, welche die Isebel aus dem Alten Testament in sich vereinte, neben der Verehrung falscher Götter. 

Leider wird von Auslegern oft viel in biblische Texte hineininterpretiert, anstatt sich an biblischen Texten zu orientieren und aus ihnen zu lernen.

 

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