Im Namen Gottes

März 1998. Die Schweiz entledigt sich ihres christlichen Outfits … so dachte ich jedenfalls. Das Ansinnen, im Zuge der Revision der Bundesverfassung auch die Präambel “im Namen Gottes des Allmächtigen” zu streichen, ist aber von der grossen Mehrheit der Parlamentarier nicht goutiert worden. Sind die denn plötzlich gottesfürchtig geworden? Man könnte es meinen. Für einige jedenfalls scheint die Demontage christlicher Symbole staatsgefährdenden Charakter zu haben. Man stelle sich vor, wie Parlamentarier, ihre Hände gefaltet, demütig, vor jeder Debatte im Palais Fédéral auf Knien nach Gottes Willen fragen. In Wirklichkeit aber hat in unserem modernen Staat eine so “antiquierte” Lebenshaltung nichts mehr zu suchen. Gott, dieser Allmächtige, ist schon längst verbannt worden aus den Herzen. Das Volk hat in der Schweiz das Sagen. Auch, wenn dann und wann unsere so viel gerühmte Demokratie zum Roulett verkommt und der Zufall entscheidet.  Den ersten Paragraphen unserer Bundesverfassung aber will man stehen lassen – aus Rücksicht auf unsere Vergangenheit, wie verlautet wurde. Da überfällt mich ein Lachkrampf. Was früher gegolten habe, könne nicht einfach verleugnet werden, auch wenn dessen Inhalt heute nicht mehr Gültigkeit habe. Was für ein Geschichtsbewusstsein. Wie erhaben das alles tönt. Welch eine Identität. Wiedereinmal steht unser einig Volk von Brüdern zusammen ……… und versucht sich etwas vorzumachen. Anständig, rechtschaffen und gut wie wir Schweizer doch sind – da muss Gott seine helle Freude haben. Em … für was Der nicht alles hinhalten muss. Aber vielleicht liege ich ja total falsch. “Im Namen Gottes, des Allmächtigen”, vielleicht soll diese feierliche Einleitung einfach nur die Ernsthaftigkeit der Verfassung unseres Bundesstaates untermauern. Das würde jedoch gemäss der vorhin definierten Formel wiederum bedeuten, dass all das, was darin geschrieben steht, unserem geschichtlichen Bewusstsein entspricht, heute aber nach seinem Inhalt nicht mehr gilt. Die vom Volk Gewählten, wären demnach frei, zu tun und zu lassen, was sie wollen. Keine schlechte Strategie für machtgierige Menschen, aber wohl nichts Neues. Da blitzt und kracht es in meinem Oberstübchen. “Im Namen Gottes, des Allmächtigen” ist wohl am ehesten ganz simples politisches Kalkül. Das Schweizervolk ist sehr traditionsgebunden und so würde das Weglassen der Präambel die ganze Überarbeitung der Verfassung gefährden. Politisches Kalkül wahrscheinlich auch in Bezug auf den so oft schon todgesagten Gott. Wenn einmal alles  richtig schief gehen sollte, dann könnte man sich dann doch noch auf Ihn berufen. Das Hintertürchen, eine typisch schweizerische Eigenschaft. Also bangt eine ganze Nation um ihr Outfit – natürlich im Namen Gottes des Allmächtigen.

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