Weisses Kreuz

Karikatur und Artikel für den Nebelspalter,  April 98

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Das Parlament hat die von den Veteranen des zweiten Weltkriegs eingereichte Pedition verworfen, die Schweizerfahne in die neu revidierte Bundverfassung aufzunehmen. Bisher ist das Schweizerkreuz in einem Erlass des Bundes vom 12. Dezember 1889 festgehalten gewesen. Aber, so wie andere Staaten auch, wie z.B. Frankreich, Deutschland oder Italien, so hätte nach Meinung der Peditionäre auch die Schweiz ihre Nationalfahne in der Bundeverfassung beschreiben sollen. Nun konnte mittlerweile in Erfahrung gebracht werden, dass die Aufnahme der Nationalfahne in die Bundesverfassung nur der erste Schritt hätte sein sollen, zum Schutz echter schweizerischer Volksqualitäten. Laut geheimen Dokumenten kämpfen ultranationalistische Gruppierungen für die Freigabe genmanipulativer Techniken am Menschen. Man erhoffe in nicht allzu ferner Zukunft, untypische Schweizer oder auch Nachkommen eingebürgerter Andersartiger anpassen und somit in unsere Gesellschaft besser integrieren zu können. Die in der Bundesverfassung im Zusammenhang mit der Beschreibung der Nationalfahne festgelegten Masse, gleiche Seitenteile, in ihrer Breite aber ein Sechstel kürzer als in der Länge, hätte als Vorgabe zum normierten Schweizer dienen sollen. Der Weg vom goldigen zum schweizerischen Schnitt. Der typische Schweizer weist folgende drei besonders auffällige Merkmale auf: Grosser, dicker Grind, zum Widerstand gegen den ganzen Rest der bösen Welt. Kurze Beine, für Bodenständigkeit, um nicht ausser Landes gehen zu können. Starke Hände zum „schaffe, schaffe, Häusle baue“. Geklonte Schweizer, alle immer schön gleich. Das weisse Kreuz auf rotem Grund, Schablone in welche der Bürger gepresst wird. Normiert durchs Leben, am besten gleich gesetzlich verankert. Nun, wenn ich mich recht besinne, dann ist das Schweizerkreuz ein religiöses Kreuz, welches sich auf diejenigen Holzbalken stützt, an welchem einst Jesus Christus gehangen hat. Ein Symbol der Aufopferung, der Vielfalt, der Freiheit, des Glaubens und Hoffnung. Wenn schon, dann sollten diese Werte in der Bundesverfassung verankert werden. Den symbolischen Wert der Nationalfahne, welcher die Identifikation fördert in Ehren, aber auf ein paar Farb- und Massangaben kann ich verzichten. Es käme da noch jemandem in den Sinn, eine Kommission einzusetzen, welche die genaue Einhaltung der Angaben zu überwachen hätte. Wundern würde es mich nicht, wenn dafür Millionen investiert würden, schliesslich könnten ja Arbeitsplätze geschaffen werden. Einsparungen zur Ausgleichung der Rechnung wären im Sozialbereich vorzunehmen. Insbesondere bei Auftritten unserer Fussballnationalmannschaft könnten massenweise aufs Gesicht aufgepinselte Schweizerkreuze ausgemessen werden. Wundern würde es mich auch nicht, wenn saftige Bussen bis hin zu Gefängnisstrafen ausgesprochen würden für Fehlverhalten. Aber auch das gehört zum normierten Schweizer. Er trägt alles mit Fassung. Wichtig ist nur, dass alles schön klar und vorgegeben ist.

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