Gewogen + für zu leicht befunden

 

Hugenotten, Teil 3, Die Bibel

Diese protestantische Karikatur zeigt die enormen Anstrengungen der Katholiken. 1545 eröffnet Papst Paul III das Konzil von Trient und startet damit die Gegenreformation.

 

Daniel 5,27 

"Gewogen und für zu leicht befunden"

Bild aus: Musée du Désert, Le Mas Soubeyran, 30140 MIALET

 

 

 

 

 

Links der katholische Klerus. Rechts Reformatoren wie Luther und Zwingli, Calvin und Farel. In der Mitte hängt eine riesige Waage. Die Gewichtsschale auf der Seite der Katholiken ist mit Priester und allerlei Gerät beschwert - sogar ein kleines Teufelchen hängt an der Schale. Auf der anderen, der eindeutig schwereren Seite, steht die Bibel: "sola scriptura". 

Sola Scriptura

„Sola scriptura est pura“ schrieb Martin Luther im Jahre 1526. Er meinte damit, dass die Schrift, die Bibel, keinerlei Ergänzungen durch kirchliche Überlieferungen benötigt, da sie als Wort Gottes bereits pur ist, rein ist, unverfälscht und inspiriert. Der Ausdruck „sola scriptura“ (2Tim 3,16) wurde zu einem theologischen Grundsatz der Reformation. Zehn Jahre später, 1536, äussert sich auch Johannes Calvin, Reformator der zweiten Generation zur Bibel: „So bringt die Schrift unser sonst so verworrenes Wissen um Gott in die richtige Ordnung, zerstreut das Dunkel und zeigt uns deutlich den wahren Gott.“ (Institutio deutsch, I,6j)

Die Hugenotten sahen in der Bibel die einzig gültige Regel für den Glauben. Die katholischen Unterdrücker legten es darauf an, die Bibeln verschwinden zu lassen. Man riskierte den Tod, wenn man sie las. Nach der Aufhebung des Edikt von Nantes wurde die Ausübung des reformierten Glaubens in Frankreich strikt untersagt. Allein schon der Besitz einer Bibel konnte den Tod bedeuten.

 

 

Foto aus: "Musee du desert", Saal der Bibeln

Haarknoten Bibel 1762

Nach der Aufhebung des Edikt von Nantes wurde die Ausübung des reformierten Glaubens in Frankreich strikt untersagt. Allein schon der Besitz einer Bibel konnte den Tod bedeuten. Um dennoch im Verborgenen Bibel lesen und Psalmen singen zu können und das Risiko des Entdecktwerdens zu minimieren, benutzten die Hugenotten in dieser Zeit auch Bibeln (bzw. Auszüge aus der Bibel und Psalter) im Klein- und Kleinstformat. Diese wurden im Exil, in Brandenburg, von den Flüchtlingen in französischer Sprache gedruckt und in die alte Heimat geschmuggelt. Diese Minibibeln konnten leicht versteckt werden. Die Protestantinnen versteckten sie in ihren großen Haarknoten oder unter ihren Hauben, so dass diese Bibeln als „Haarknotenbibeln“, frz. "Bibles de chignon", bekannt wurden. Die Titelseiten der Bibeln wurden oft herausgerissen, damit die Verfolger das verbotene Buch nicht erkennen konnten.

 

Bild aus: Musée du Désert, Le Mas Soubeyran, 30140 MIALET

Viele Generationen lang wurden die Texte der Bibel nur mündlich überliefert und dann schließlich auf Hebräisch aufgeschrieben und das Neue Testament in Griechisch. Es folgten Übersetzungen ins Aramäische, Griechische und Lateinische. Erst 1521 übersetzte Martin Luther die Bibel in die deutsche Sprache. Französische Übersetzungen der Bibel gab es hingegen viel früher. Bereits um die Mitte des 13. Jahrhunderts lagen die einzelnen Teile vor und Ende des Jahrhunderts die erste französische Vollbibel. Die Bibel in französischer Sprache erlangte später eine weite Verbreitung mit der »Historienbibel« des Guyard des Moulins, die 1496 im Druck erschien und bis 1545 aufgelegt wurde. Diese sogenannte De Thou-Bibel bietet zusätzlich Nacherzählungen, Zusammenfassungen und Erklärungen im Sinne ihrer Frömmigkeitsorientierung. Faber Stapulensis schließt 1523 seine französische Übersetzung des Neuen Testaments nach der lateinischen Vulgata ab. Eine von ihm redigierte Vollbibel erscheint 1530 in Antwerpen.

 

Sammlung französisch-reformierter Bibelausgaben im Regionalmuseum Hofgeismar

 
 

Bibelkolporteure

Pierre Valdo, ein reicher Mann aus Lyon, der die lateinische Bibel um 1200 n.Chr. durch 2 Priester ins Französische übersetzen liess. Er besuchte mit seinen Anhängern die Armen von Lyon als Hausierer. Dabei versäumte er es nicht, jeweils die heilige Schrift den Hausbewohnern vorzulesen. Auf Pierre Valdo geht die Waldenserbewegung zurück, welche sich im Mittelalter über ganz Europa verbreitete.

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