Szene der "Dragonade", Zwangskonvertierung, Ende XVII. Jh., Maler unbekannt, musée de l'armée, Paris

Gewalt übersteigt die Vernunft

 

Die Hugenotten, Teil 9,  Gestiefelte Missionare

 

Das Ziel des Sonnenkönigs, Ludwig XIX., war es, die protestantischen Hugenotten wieder in die katholische Kirche zurück zu bringen. Diese Karikatur aus dem Jahr 1686 schildert eine Methode, welche angewandt wurde, um die Protestanten zu bewegen, ihrem Glauben abzuschwören.

 

 

 

 

 

 

Text: Diaserie "la revocation de l'edit de Nantes - le Protestantisme en Dauphine"; "l'exode des Huguenots", Samuel Bastide

 

 

In die protestantischen Haushalte wurden Dragoner einquartiert. Auf diese Weise konnte Druck ausgeübt werden.

Die Karikatur ist handschriftlich beschrieben mit: "Neue Missionare. Ausgesendet gemäss der Anordnung von Louis dem Grossen, im ganzen französischen Reich, um die Ketzer zum katholischen Glauben zu bringen". Nicht ohne beissenden Spott ist ausserdem notiert: "Dragoner und Missionare; Evangelistischer Aufruf; Ketzer unterzeichnet seine Konversion". Hinter dem Dragoner steht geschrieben: "Wer mir widerstehen kann, ist stark". Auf dem Schwert ist zu lesen: "Überzeugend, eindringender Beweggrund". Und auf dem Gewehr: "Unbesiegbarer Beweggrund". Und dann ganz rechts: "La force passe la raison" - "Die Gewalt, der Zwang geht an der Vernunft vorbei." 

 

 

Die Dragoner zerstörten die Habe, verbrauchten die Vorräte, verkauften Möbel und Ernte. Es waren ihnen alle Freiheiten gegeben. Sie quälten ihre Gastgeber mit Feuer, Wasser, Hunger und Durst und Schlägen. Sie töteten sogar Kinder vor den Augen der Mütter. Die Präsenz dieser "Missionare" hatte ihre Wirkung. Im Tal der Waldenser von Pragela z.B. wechselten schon nach 8 Tagen 12000 Menschen die Religion. Der Bischof von Grenoble konnte schreiben: "Es gibt keine einzige Predigt mehr in der Dauphine und in meiner Diozöse keine Ketzer mehr". 

 

Die Aussage der Karikatur "Gewalt geht an der Vernunft vorbei" erinnert fast mit einem Augenzwinkern an einen Segen aus der Bibel von Paulus den Philippern gegenüber:

Philipper 4,7

 "Der Friede Gottesder höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus".

 

Der Theologieprofessor Fernando Enns meint in einem Interview der Evangelischen Zeitung:

Dieser Zuspruch bedeutet, dass es über die menschliche Vernunft hinausgehend noch einen weiteren Horizont gibt, der unsere Wirklichkeit bestimmt. Das ist der Friede Gottes. Das heißt, dass auch wenn unsere Vernunft sagt, dass es in bestimmten Fällen ohne Gewalt keine Lösung geben kann, der Friede Gottes dennoch eine realitätsbestimmende Größe bleibt, mit der fest zu rechnen ist. Und die Logik dieses Gottesfriedens kann unserer begrenzten Vernunft widersprechen. Daraus folgt für Christen, dass wir niemals vor Alternativlosigkeit stehen, wenn es um Leben und Tod geht.

Es ist Gottes Gegenwirklichkeit zu aller Gewalt, die mit Christus in diese Welt gekommen ist. Wer das glaubt, der wird danach streben, die Gewaltspiralen zu durchbrechen, die darauf beruhen, dass man meint, Gewalt nur mit Gegengewalt eindämmen zu können. In den meisten Fällen geschieht aber gerade eine Potenzierung von Gewalt. Die Logik der Gegengewalt bleibt der Vergeltungslogik verhaftet. Die Bergpredigt deckt die Begrenzung der Vergeltungslogik auf und überbietet sie mit dem Gebot der Feindesliebe und dem Leben einer „besseren Gerechtigkeit“. Die Bibel bietet weniger ein Programm zur Befriedung der Welt, als eher die Begründung für eine Ethik der Gewaltfreiheit, die auf Versöhnung zielt, mitten in dieser Welt voller Gewalt. Für Christen bedeutet dies zuallererst, auf jede Form der Gewaltanwendung zu verzichten. Zur Glaubwürdigkeit des christlichen Zeugnisses gehört ein politisches Handeln, das die Realität des Friedens Gottes in die gesellschaftliche Realität einträgt.

Religiöse Intoleranz unter Ludwig XIV., musée du désert

Verfolgung der Hugenotten nach Romeyn de Hooghe, Deutsches Hugenotten Museum

 

 

 

 

In einem Raum werden Bauern von Dragonern gepeinigt und getötet. Im Kamin hängen zwei Hugenotten, die mit einem Feuer aus Bibeln und Testamenten verbrannt werden. Einer Frau wird mit einem Trichter Wasser eingeflößt. Tote Kinder liegen im Vordergrund neben den Mordwaffen der Eindringlinge.

 

 

 

 

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