Frauenpower

 

Wie zwei Walliser Kampfkühe stehen sich Euodia und Synthyche gegenüber.

 

Philipper 4,2-4

"Evodia und Syntyche bitte ich eindringlich, sich wieder zu vertragen. Sie glauben doch beide an den Herrn Jesus Christus. Vielleicht kannst du, Syzygus, mein treuer Mitarbeiter, den Frauen dabei helfen! Schließlich haben die beiden mit mir – Seite an Seite mit Klemens und meinen anderen Mitarbeitern – für die Verbreitung der rettenden Botschaft gekämpft".

 

Euodia und Synthyche - viel erfahren wir nicht von den beiden Frauen. Paulus schreibt, dass sie zusammen mit ihm für die Ausbreitung des Evangeliums gekämpft haben und sich darin auch auszeichneten. Sie haben persönlich viel geopfert und drangegeben, damit die frohe Botschaft von der Gnade Gottes in Jesus Christus verbreitet werden konnte. Das war damals keineswegs eine einfache Sache. Die Christen waren exponiert. Unter den Juden galten sie als Sekte, schliesslich ist ja Jesus als Gotteslästerer betitelt worden. Die Römer hielten sie als eine Gefahr für das Kaiserreich. Man musste mit dem Schlimmsten rechnen, wenn man sich zu Jesus bekannte. 

Aus den wenigen Worten von Paulus kann man schliessen, dass diese Frauen wichtige Dienste in der Gemeinde verrichtet haben. Wir bekommen hier eine kleinen Einblick in die Rolle der Frau in der jungen Christenheit. Man liegt falsch, wenn man meint, 1.Kor 14,34 und 1.Tim 2,11 "die Frau soll still zuhören und sich unterordnen", einseitig auslegen zu mssen. Diese Aussagen macht Paulus zu ganz spezifischen Situationen. Euodia und Synthyche jedenfalls sind nicht reduzierbar auf das Tragen eines Kopftuchs und das Muttersein. Sie haben Seite an Seite mit Paulus im Kampf für die Ausbreitung des Evangeliums gestanden. 

 

Mehr ist uns hier nicht berichtet. Zwischen den Zeilen kann man aber noch einiges erfahren - vor allem wenn man den Bericht aus der Apostelgeschichte hinzuzieht.

Apostelgeschichte 16

Damals war Paulus auf einer seiner Missionsreisen. Geplant war ein Abstecher ins Innere der heutigen Türkei, aber Paulus verspürte den klaren Eindruck, die Reise abzuändern und rüber nach Europa zu gehen. Der erste Ort, von welchem uns dann etwas aus dem Wirken von Paulus berichtet wird, war die römische Kriegsveteranenstadt in Griechenland, Philippi. Euodia und Synthyche waren Teil der Gemeinde von Phlippi, denn es würde ja keinen Sinn machen, die beiden im Brief an die Philipper zu erwähnen, wenn sie nicht auch in dieser Stadt gelebt hätten und allen bekannt waren. Die beiden Frauen könnten durchaus bei jener ersten kleinen Versammlung am Wasser, von welcher uns berichtet wird, mit dabei gewesen sein. Lydia von Thyatira, welche mit Purpurstoffen handelte und damit zu rechtem Reichtum gekommen war, hatte sich damals entschieden, Jesus ihr Leben zu öffnen. In ihrem Haus fanden dann regelmässig Versammlungen statt. In jener Zeit waren natürlich nicht nur Frauen mit dabei. Im Philipperbrief spricht Paulus auch von einem "Klemens und anderen Mitarbeitern". Auch von KLemens wissen wir nichts Weiteres. Er trägt einen typisch römischen Namen. Die "anderen Mitarbeiter" werden nicht namentlich erwähnt. War der Kerkermeister mit dabei? Was ist aus ihm geworden? Erinnern wir uns! Paulus und Silas sind zu Beginn ihrer Aktivitäten ins Gefängnis gesteckt worden, weil Paulus einer Sklavin einen Wahrsagegeist ausgetrieben hatte. Die Besitzer dieser Sklavin wurden darüber so wütend, dass die Paulus vor Gericht schleppten und verklagten. Es ging schon damals ums Geld. Man steckte sie in die hinterste Ecke eines Verliesses - die Hände und Füsse in einen Holzpflock gespannt. Paulus und Silas beteten und lobten Gott sogar noch um Mitternacht. Die Gefangenen und auch ihr Wärter hörten das. Und dann geschah das Unglaubliche: ein Erdbeben brach alle Türen auf und sogar die Fesseln vielen den Gefangenen herunter. In dem Durcheinander flohen alle Gefangenen - nur Paulus und Silas sind dageblieben. Dieses Ereignis beeindruckte den Gefängniswärter dermassen, dass er sein Haus öffnete und selber Christ werden wollte.

All dies und noch viel mehr haben Euodia und Synthyche miterlebt. Sie waren mit dabei und hatten sich und ihr Leben eingesetzt ... und nun? Jetzt waren sie offensichtlich so sehr miteinander verstritten, dass Paulus auch davon zu hören bekommen hatte. Es kann sich also nicht einfach um eine Bagatelle gehandelt haben. Worum es in diesem Streit ging, wissen wir auch nicht. Offensichtlich war das allen bekannt und nicht wert, im Brief zu erwähnen. Es gibt so viele Gründe für die man sich in die Haare kriegen kann..... und wie eingangs aufgezeigt, typisch Frauen. Oder nicht? Spass beiseite - auch Männer streiten. Männer können manchmal ganz schön "sture Böcke" sein, die keinen Millimeter von ihrer Meinung hergeben möchten. Die Bibel nimmt da kein Blatt vor den Mund. Paulus selber war kein einfacher Mensch und war auch hin und wieder in Streit verwickelt. Ein bekanntes Beispiel ist der Streit mit Barnabas. Es kam dazu, weil Barnabas den Johannes Markus auf die zweite Missionsreise mitnehmen wollte. Paulus widersprach, weil Markus schon vorher einmal sie im Stich gelassen hatte. So kam es zu einem erbitterten Streit und Barnabas zog mit Markus allein weiter nach Zypern. Paulus musste später eingestehen, dass Johannes Markus sich entgegen seiner Meinung gut entwickelt hatte. 

Das Problem, mit welchem wir konfrontiert sind, wird im Bild mit den beiden Stiere sichtbar:

Der Durchgang ist erschwert.

Eine wunderschöne Landschaft, eine schöne Strasse, aber zwei machen sich den Lebensraum streitig und haben sich ineinander verfangen. So blockieren sie die Strasse und andere sind davon betroffen. Ihre handfeste Auseinandersetzung versperrt anderen den Weg. Dabei sollten wir uns im Klaren sein, dass Streit als solches gar nicht das eigentliche Problem darstellt. Das Problem liegt in der Unnachgiebigkeit, in der Rechthaberei, Nörgelei, Sturheit, oder darin, besser dastehen zu wollen als andere. Der Schmerz, das Leid, das wir uns selber durch unsere Streitereien zufügen ist die eine Sache. Dabei aber nicht genug: alles wird blockiert. Auch das Wirken des Heiligen Geistes. Andere Menschen, welche Gott fern stehen können durch unser Gekeiffe Gottes Güte in unserem Leben nicht sehen. Wir werden unglaubwürdig. Der Auftrag kann nicht erfüllt werden. Damit ist alles, wofür die beiden Frauen sich vorher eingesetzt hatten gefährdet.

 

Was ist zu tun?

Wir können annehmen, dass Paulus über einen seiner Mitarbeiter von den Problemen von Euodia und Syntyche zu hören bekommen hat. Wahrscheinlich schrieb Paulus seinen Brief an die Philipper als er sich in Gefangenschaft in Rom befand (siehe: Philipper 1,7;13,17 und Apg 28,16-31).

Offen legen

Paulus berichtet transparent von der Angelegenheit. Wir müssen uns bewusst sein, dass dieser Brief von Paulus in der Gemeinde öffentlich vorgelesen und später auch weitergereicht wurde. Alle hörten die Mahnung und dachten sich ihre Sache. Das war äusserst peinlich. Euodia und Syntyche wären wohl am liebsten im Boden versunken.

Konsequenz: 

Offen und direkt über Probleme reden. So kann nichts verborgen werden und andere Betroffene können Stellung beziehen. Das ist der erste Schritt zur Besserung. Tun wir nicht so, als gäbe es bei uns keinen Streit, oder als ob es Streit unter Christen nicht geben dürfe. In der Bibel wird ein offener und direkter Umgang empfohlen. Z.B.: 2. Samuel 11 - David wendet sich als König erst wieder Gott zu, als er von Nathan direkt und persönlich auf seine Verfehlung angesprochen wird. Mit Transparenz kann auch viel Klatsch und Tratsch verhindert werden.

Nicht urteilen

Paulus meidet jedes Urteil über die Differenzen. Er kritisiert nicht einmal das, was die beiden Frauen als solches tun, also das Streiten an sich. Paulus schreibt, wie wenn die Sache selbstverständlich wäre, so nach dem Motto: "wo Fische sind, da fischelets". Er macht keine grosse Sache daraus. Wo Ziegen sind, böckelets. Wo Menschen sind, da menschelets. Paulus ermahnte einfach die beiden Frauen in richtiger Weise miteinander umzugehen. Nur gerade 2 Kapitel vorher, hat Paulus in seinem Brief an die Philipper (Philipper 2,2-4) die ganze Gemeinde in dieser Weise angesprochen. Es geht dort um Selbstsucht oder Eitelkeit. Paulus fordert Einigkeit. Inwieweit die Aussagen von Kapitel 2 und 4 zusammen hängen, lässt sich lediglich vermuten.

Konsequenz:

Streit ist nichts Abartiges. Die Frage ist lediglich von was ein Streit motiviert ist und wie wir uns darin verhalten.

Zurechthelfen

Paulus ergreift sofort eine Massnahme. Ein offensichtlich bedeutsamer Mensch in der Gemeinde soll sich den beiden annehmen. Der auffallende Ausdruck "echter Syzygos" lässt ahnen, dass hier jemand gemeint ist, der nicht  nur einen Namen trägt, sondern auch dementsprechend lebt. Syzygos bedeutet "Jochgenosse". Wahrscheinlich war Syzygos darin begabt, anderen Menschen zu helfen, in dem er sich ihrer annahm. Um bei Bild zu bleiben: .. indem er sich in das Joch der beiden Frauen einspannen liess ... in dem er mitging, mit fühlte. Hier wird deutlich, dass wir einander brauchen. Es gibt Menschen, die ganz spezifische Begabungen haben und diese sollen im Reich Gottes Raum haben. Wenn Menschen sich ineinander verheddert haben, brauchen sie Hilfe von Aussen. Menschen, die einem helfen, eine andere Sicht zu bekommen und vergeben zu können. Versöhnung kommt nicht einfach nur so aus dem Nichts heraus. Da muss dran gearbeitet werden.

 

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